Heinz-Albin Baumbach wurde 1926 geboren. Während des letzten Kriegsjahres geriet der erst 18-jährige Heinz zuerst in amerikanische, dann in britische Kriegsgefangenschaft, aus der er 1948 entlassen wurde. Kurz nach seiner Rückkehr nach Thüringen heiratete Heinz. 1951, ein Jahr nach seiner Hochzeit. bekamen er und seine Frau Brigitte eine Tochter. Heinz Baumbach war von Beruf Installateur und nahm im gleichen Jahr eine Stelle als Bergmann bei der Wismut-Aktiengesellschaft in Oberschlema an.
Nach Erzählung seiner Ehefrau bekam er im Mai 1952 Urlaub und besuchte seine Eltern in Treffurt. Am 10. Mai kam Polizeiwachtmeister ins Haus. Er bat Heinz, zum Rathaus zu kommen, um Unstimmigkeiten mit seinem zweiten Wohnsitz zu prüfen. Heinz kam nie wieder nach Hause. Er fiel in die Hände von Offizieren des sowjetischen Militärgeheimdiensts, da ihm die Mitgliedschaft in der angeblichen „Meuselwitzer Widerstandsgruppe“ vorgeworfen wurde.[1]
Der Gerichtsprozess gegen die „Meuselwitzer Gruppe“ wurde vom 14. bis 16. Juli im Untersuchungsgefängnis der sowjetischen Militärspionageabwehr in der Leistikowstraße in Potsdam verhandelt, wohin alle Mitglieder der angeblichen Gruppe gebracht wurden. Das sowjetische Militärtribunal verurteilte insgesamt sieben Männer, unter denen Heinz Baumbach mit 26 Jahren der älteste war. Baumbachs Todesurteil wurde aus den Paragraphen 58/2,6,8 und 10 für vermeintlichen bewaffneten Aufstand, angebliche Spionage, Terrorakte gegen Vertreter der Sowjetunion und antisowjetische Propaganda fabriziert.[2]
Zusammen mit Heinz Baumbach wurden Heinz Eisfeld, Helmut Paichert und Friedrich Wirth zum Tode verurteilt. Günther Aurich, Helmut Tisch und Ulrich Kilger bekamen ein Urteil über 25 Jahre Lagerhaft. Lediglich das Todesurteil von Friedrich Wirth wurde bereits in Moskau in eine 20-jährige Haftstrafe umgewandelt. Wirth wurde zusammen mit Aurich und Tisch nach Workuta in Nordrussland verbracht, Ulrich Kilger in den Lagerkomplеx Taischet in Sibirien überstellt.
Mit Ausnahme von Heinz Baumbach hatten alle diese jungen Männer von 1947 bis 1950 die Friedrich-Engels-Schule in Meuselwitz besucht. Laut Erzählungen der Überlebenden ermunterte man die Schüler dort – angeregt durch den jungen oppositionell engagierten Lehrer Wolfgang Ostermann –, sich mit den politischen Vorgängen kritisch auseinanderzusetzen. Die Schüler hatten zwar ein distanziertes Verhältnis zu der Ordnung in der sowjetischen Besatzungszone und später der DDR, aber sie waren weit entfernt von paramilitärischem Widerstand oder der Zusammenarbeit mit den amerikanischen Sicherheitsdiensten. Wirth, Kilger, Tisch und Aurich wurden jedoch erst nach Ende der Schulzeit verhaftet, als sie bereits aus Meuselwitz weggezogen waren.[3]
Die überlebenden Mitglieder dieser Gruppe erinnern sich noch gut daran, wie während nächtlicher Verhöre von Offizieren des Geheimdiensts aus ihnen unter Folter Geständnissen geprügelt wurden. Günther Aurich, der heute im hessischen Kronberg lebt, berichtete: „Drei der vier zum Tode Verurteilten wurden erschossen: unsere Klassenkameraden Heinz Eisfeld und Helmut Paichert sowie Heinz Baumbach, der aus einer anderen Stadt stammte und den meisten von uns unbekannt war. Wir waren alle fest davon überzeugt, dass ihre Todesurteile, wie es manchmal geschah, in Gefängnisstrafen umgewandelt werden würden. Aber sie sind nicht zurückgekehrt.“
Warum aber wurde Heinz Baumbach dieser „Meuselwitzer Gruppe“ zugerechnet? Zwischen Treffurt, wo Baumbach geboren wurde, und Meuselwitz liegen fast 200 Kilometer. Nach Erzählungen der Familie Baumbach lebte jedoch die Familie des später ebenfalls erschossenen Helmut Paichert 1945 in Treffurt. Es sei daher gut möglich, dass der 12-jährige Helmut damals die Familie Baumbach getroffen habe. Vielleicht habe Paichert bei den brutalen Verhören den Namen seines Bekannten Heinz Baumbach erwähnt.
Die vier Männer, die zum Tode verurteilt worden waren, hatten am Tag nach Prozessende, dem 16. Juli 1952, schriftliche Begnadigungsgesuche eingereicht. Nach der Urteilsverkündung waren die sieben Gefangenen noch für einige Minuten im kleinen Gerichtssaal des Potsdamer Gefängnisses zusammen. Das war das letzte Mal, dass sie sich sahen. Die zum Tode Verurteilten wurden dann von denen, die zu 25 Jahren Haft verurteilt worden waren, getrennt und in das Butyrka-Gefängnis nach Moskau überführt, wo sie im August 1952 eintrafen. Dort saßen sie gemeinsam in der Todeszelle. Lediglich Friedrich Wirth wurde am 22. Oktober aus dieser Zelle geholt, da seinem Gnadengesuch stattgegeben worden war. Als er in eine andere Zelle verlegt wurde, dachte er nach eigener Erzählung, dass auch die übrigen seiner Kameraden bald zu ihm gebracht werden würden. Aber niemand sonst kam![4] Friedrich Wirth, der aus der Lagerhaft zurückgekehrt ist, lebt heute in Köln.
Am 23. Oktober 1952 wurde das Urteil gegen Heinz Baumbach vollstreckt. Er war 26 Jahre alt.
Die Verhaftung Baumbachs blieb für seine Familie nicht folgenlos. Seine Enkelin erzählt, dass die Schikanen gegen ihre Großmutter und Mutter so stark waren, dass Brigitte Baumbach sich und ihr Kind in der Werra ertränken wollte. Viele Jahre lang versuchte Brigitte Baumbach herauszufinden, wo ihr Mann abgeblieben war. Erst 1966 erhielt sie eine Sterbeurkunde, auf der mit dem 23. Oktober 1954 ein falsches Todesdatum eingetragen war. Heinz Baumbach wurde 1996 vollständig rehabilitiert.
Die Tafel der „Letzten Adresse“ für Heinz Baumbach hängt in der Bergstraße 40 in 99830 Treffurt (Thüringen).
[1] Vgl. Schultz, Maria: Helmut Paichert, S. 390ff, in: Reich, Ines; Schultz, Maria (Hrsg.): Sprechende Wände. Häftlingsinschriften im Gefängnis Leistikowstraße Potsdam, Metropol-Verlag Berlin, 2015. S. 388-400.
[2] Vgl. ebd. S. 396f.
[3] Vgl. auch Schultz, Maria: Ernst Friedrich Wirth und Hans Eisfeld, S. 124ff, in: Reich, Ines; Schultz, Maria (Hrsg.): Sprechende Wände. Häftlingsinschriften im Gefängnis Leistikowstraße Potsdam, Metropol-Verlag Berlin, 2015. S. 124-152.
[4] Vgl. auch Schultz, Maria: Ernst Friedrich Wirth und Hans Eisfeld, S. 142ff, in: Reich, Ines; Schultz, Maria (Hrsg.): Sprechende Wände. Häftlingsinschriften im Gefängnis Leistikowstraße Potsdam, Metropol-Verlag Berlin, 2015. S. 124-152.